Für Krahl (Reinicke, 1973)
by Helmut Reinicke (Merve Verlag, 1973) PDF
[See also: Digger Journal; Krahlstudien; Krahl-briefe]
»Ist das Wahre abstrakt, so ist es unwahr.«
Hegel
I.
Eine Darstellung der intellektuellen Biographie der Revolt am Denken von Hans-Jürgen Krahl (1944-1970) bedarf nicht des jeweils akribischen Nachweises der gelungenen marxistischen Ableitung jeder Kategorie. Nicht auf das hausmannskostartige Räsonnement kann es ankommen, den Versuchen einer Rekonstruktion der revolutionären Theorie auf jeder Stufe vorzuhalten, sie habe Theoreme der Marxschen Lehre ungenügend abgeleitet oder die Totalität nicht im Griff. Oft sind Krahls Gedanken noch mit den Muttermalen der Kritischen Theorie behaftet, – selbst seine letzten Arbeiten, die den mittlerweile ausgesessenen Metaphysikverdacht, ein Apriorismus läge der Revolution in der Theorie des historischen Materialismus zugrunde, an Marx herantragen. Dies sind Relikte, welche die weiteren Debatten über materialistische Erkenntnistheorie nicht mehr zum Gegenstand ihrer Überlegungen zu machen brauchen; Krahls Arbeiten haben selber dazu beigetragen, dass die Rekonstruktion der Marxschen Lehre den seit der II. Internationale und dem Stalinismus angestammten Vorurteilen nicht mehr aufsitze. Verkürzungen Marxscher Begriffe oder die oft spekulativen Ableitungen kennzeichnen die Eile, in der zur Zeit des aktiven Widerstandes der Hochschulrevolt gedacht werden musste; sie sind zugleich Index für die Notwendigkeit revolutionären Denkens, sich auch als vorübergehendes Theorem festhalten zu müssen, als transitorisches Denken.